Der Türst und das Heer der unerlösten Toten
Rauh- oder Rauchnächte. Das sind die zwölf Tage zwischen dem Weihnachts- und dem Dreikönigstag. In ganz Europa gelten sie als Spukzeit. In der Nacht erscheinen den Lebenden Dämonen und Totengeister in mannigfacher Gestalt und Verkleidung. Stärker als sonst macht sich in diesen Tagen der Türst bemerkbar. Der Türst, von dem bereits der Luzerner Stadtschreiber Renward Cysat (1545-1614) berichtete, ist ein Sturmwind, der als Zug der ins Jenseits reisenden Ahnengeister gedeutet wird. Wer ihm begegnet, wird krank und muss im schlimmsten Fall selbst das Diesseits mit dem Jenseits vertauschen.
Mit Gebeten, Segnungen und christlichen Zeichen versuchte der Mensch, sich gegen die Mächte der Finsternis zu schützen. An besonders gefährdeten Orten errichtete er Kreuze und Bildstöcke und in der Nacht auf den Dreikönigstag, der letzten und gefährlichsten der zwölf geheimnisvollen Nächte, werden an manchen Orten noch immer Räucherungen vorgenommen und dazu Gebete gesprochen.
Literatur:
Lussi, Kurt: Dämonen, Hexen, Böser Blick. Krankheit und magische Heilung im Orient, in Europa und Afrika. Aarau 2011, S. 35-37.
Lussi, Kurt: Im Reich der Geister und tanzenden Hexen. Jenseitsvorstellungen, Dämonen und Zauberglaube. Aarau 2002, S. 41-47.