Wo einst Totengräber, Leichenräuber und die Geister von Verstorbenen ein und aus gingen
Im Spätherbst, wenn vom Nordatlantik her stürmische Regenschauer über Irland hinweg ziehen, wirkt die Umgebung von John Kavanagh’s Pub im Norden von Dublin noch unheimlicher als sonst, zumal das Gebäude mit der schmucklosen Fassade am ehemaligen Haupteingang des Glasnevin Cemetery liegt. Seit seiner Eröffnung im Jahre 1833 hat sich das Innere dieses Pubs kaum verändert. Man wähnt sich zurückversetzt in die Zeit, als hier schwarz gekleidete Trauergäste, griesgrämige Kutscher und durstige Totengräber ein und aus gingen. Von letzteren heisst es, sie hätten nach getaner Arbeit eine Schaufel Dreck an die Rückfront des Pubs geschmissen. Dann wusste der Landlord, dass die grave diggers ihre Arbeit getan hatten und er damit beginnen konnte, einen Satz Gläser mit Guinness zu füllen. Von den rauen Gesellen hat das John Kavanagh’s auch den Namen, unter dem es die Einheimischen kennen: The Gravediggers.
Zu den skurrilsten Gestalten, die hier verkehrten, gehörten die body snatchers. Das waren skrupellose Kriminelle, die nachts in den Friedhof eindrangen und frische Leichen raubten. Bis zu zwanzig Pfund zahlten Universitäten für einen gut erhaltenen Toten – in viktorianischer Zeit eine beträchtliche Summe Geld.
Kein Wunder, dass im Gravedigger's noch heute ein "Gast" der unheimlichen Art zu erscheinen pflegt: Einheimische berichten von einem älteren gentleman, der einen altmodischen Anzug aus Tweed trägt. Ohne dass man sein Kommen bemerkt, hockt er plötzlich an der Bar und trinkt einen creamy pint of Guinness. Doch sobald sich die Aufmerksamkeit auf ihn richtet, löste er sich im Nichts auf und verschwindet so geheimnisvoll, wie er gekommen ist.